Dienstag, 28. Juni 2011

Bishkek (KG)

Lange bevor wir uns auf unsere Reise gemacht haben, haben wir uns überlegt, wie wir denn wohl unseren Blog nennen könnten. Unsere Lieblings-Idee, die wir im Weiteren dann leider aufgrund ihrer mangelnden Einfachheit wieder verworfen haben, war „Hinter-Bishkek-rechts-ab“. Damals kam uns die kirgisische Hauptstadt noch so unglaublich weit weg und nahezu unerreichbar vor. Und jetzt sind wir hier. Nach knapp 3 Monaten und über 6.700 km. Das fühlt sich auf der einen Seite fast ein wenig unglaublich und auf der anderen total normal an (ging schließlich nicht eben von heute auf morgen, so dass wir genug Zeit hatten, uns auf diesen Augenblick „vorzubereiten“).

Davon abgesehen ist, wie ihr wisst, auch Bishkek natürlich nur eine Zwischenstation. Allerdings eine, auf bzw. in der wir vermutlich viel Zeit verbringen werden. Wie bereits geschrieben, sind wir nach Kirgistan zunächst mit unserem kasachischen Visum eingereist (was dank ein paar sehr engagierten Grenzbeamten auch trotz unserer etwas chaotischen Kasachstan-Doppel-Visa-Strategie gut funktioniert hat). Bis zum 25. Juli (dem Start unseres kirgisischen Visums) dürfen wir uns also ausschließlich im kirgisischen Norden tummeln. Unsere Räder dürfen damit eine wohlverdiente Ruhepause einlegen. Und die haben sie sich, ebenso wie wir, nach der stressigen Tour Shymkent-Bishkek redlich verdient.

Gestartet sind wir am letzten Donnerstag mit unserem ersten Pass seit Rumänien. Steigungstechnisch entsprechend etwas außer Übung wären die 1.000 Höhenmeter schon anspruchsvoll genug gewesen. Dazu kam dann aber die fixe Idee, dass es schön wäre, noch am gleichen Tag die nächste Stadt, Taraz, zu erreichen. Also entscheiden wir uns gegen das Hostel auf dem Pass, das wir nach 100 km erreichen, und sagen uns, das die verbleibenden 70 km so schlimm nicht sein können, schließlich müsste es eine ganze Zeit bergab gehen. Ihr ahnt schon, dass dies eine Fehleinschätzung war. Tatsächlich haben uns auch nach dem Pass hier und da noch (kleinere) Steigungen erwartet und auch da, wo es recht eben war oder sogar abwärts ging, war uns der Wind ein wenig im Weg. Und so mussten wir noch bis abends um 8 strampeln, bis wir in Taraz eine Gastiniza erreicht hatten (wo wir uns dann – Belohnung muss schließlich sein – direkt eine Pizza aufs Zimmer haben liefern lassen). Die 170 km saßen dann vor allem mir am nächsten Tag ordentlich in den Knochen, weswegen es – nicht zuletzt auch wegen des zunehmenden Verkehrs – einiges an Motivation und Kopfkraft gekostet hat, sich bis zu unserer nächsten Übernachtungsstätte durchzubeißen.

In unserem Motel in Shymkent steht praktischerweise ein Gepäckwägelchen für uns bereit - ein ungewohnter Luxus, den wir gerne in Anspruch nehmen.
Um den gemeinen Radfahrer nicht zu verschrecken, zeichnen sich hinter Shymkent zunächst nur kleinere Hügel ab,....
.... die sich dann langsam aber stetig immer weiter erheben...
bis man sich mit den majestätischen Gipfeln des Tian-Shan konfrontiert sieht.

Aber die heben wir uns für später auf ;-)) In einem Monat werdet ihr hier uns hier über eben jene Gipfel fluchen "hören". 
Ja, hier fängt Taraz an - sogar für unsere müden Augen unübersehbar.
Hätte ich zu diesem Zeitpunkt schon gewusst, welcher Verkehr uns am nächsten Tag erwartet… ich hätte vielleicht nicht ganz so laut geschimpft. Denn richtig böse wird es erst, nachdem wir die kasachisch-kirgisische Grenze hinter uns gelassen haben. Puh… Kurz gesagt: Wir sind sehr froh, dass Kirgistan noch genug Gelegenheit haben wird, den Eindruck unseres ersten Radtages hier zu revidieren. Die 60 km bis nach Bishkek waren – in einem Wort – grauenhaft. Die Leute fahren, als ob sie (und alle anderen Verkehrsteilnehmer) sieben oder mehr Leben zur Verfügung hätten und eine Kollision entsprechend locker in Kauf genommen werden kann. Dann ist die ganze Strecke durchgehend bebaut und alle paar Hundert Meter hat irgendwer ein kleines Feuerchen angezündet, um seinen Hausmüll (der dem Geruch zufolge zu mindestens zu 90 % aus Plastik besteht) zu entsorgen. Insgesamt sind wir an diesem Tag über 160 km unterwegs… sich die letzten 60 durch Gestank und volle Straßen zu quälen, lässt uns dabei jeden Meter doppelt spüren.

Die Grenze zwischen Kasachstan und Kirgistan wirkt - gelinde gesagt - etwas ungepflegt
Aber unsere Strapazen werden – wieder einmal – belohnt :-) Denn Bishkek entpuppt sich als äußerst angenehme Stadt. Nachdem wir ein sehr günstiges Hostel gefunden haben, hauen wir unser restliches Budget aktuell Tag für Tag in diversen Cafes und Restaurants auf den Kopf. Nirgendwo konnten wir bisher so aus den Vollen schöpfen wie hier. Das kulinarische Angebot ist dabei nicht nur erfreulich breit, sondern vor allem überaus bezahlbar. Grund für ersteres dürften die vielen Ausländer sein, die sich hier aufhalten (Touristen, Mitarbeiter der Botschaft oder der vielen internationalen Organisationen etc.).


Klotzen statt kleckern: in Bishkek weht eine majestätische Flagge über einem großzügigen Platz.
Björn und Bernd beim Bier - dieses wird eigentlich nur für Mädels mit Strohhalm geliefert.
Bei Heidi und mir hat also alles seine Richtigkeit.
Es wird Zeit für den Friseur - erstmalig nicht nur für Björn, sondern auch für mich (ich bin sehr stolz, dass ich mich tatsächlich getraut habe, mir - trotz der umfangreichen Verständigungsschwierigkeiten - Strähnchen machen zu lassen - ob mein Mut belohtn wurde, könnt ihr auf den Bild oben selbst entscheiden ;-))
Wir lassen es nun also einmal richtig gut gehen :-) Aber natürlich sind wir auch fleißig. Heute haben wir z.B. unser China-Visum auf den Weg gebracht. Und uns schon ein wenig schlau gemacht, welche Trekkingtouren sich auf von hier aus anbieten würden oder wo wir noch ein paar schöne Strandtage einlegen können (nein, keine Sorge, wir haben noch nicht den Überblick verloren, wo wir uns aktuell befinden, oder vermuten gar ein Meer an oder in Kirgistan. Der Strand gehört zu einem großen, touristisch sehr erschlossenem Bergsee hier.)

Sobald, wir genaueres wissen, halten wir euch natürlich wie immer auf dem Laufenden. Allerdings dürfte dies noch schwieriger werden als in Kasachstan, denn hier ist, zumindest nach allem, was wir bisher feststellen konnten, Blogger.com in Internet-Cafes komplett gesperrt. Unglaublich… Dass wir heute schreiben können, verdanken wir dem in jedem Sinne höchst erfreulichen Umstand, dass wir hier in Bishkek wieder auf unsere „Motorrad-Freunde“ Heidi & Bernd gestoßen sind (und die haben praktischerweise ein Netbook dabei, auf dem ich hier im Hostel tippeln kann….).

Liebe Grüße von Tina & Björn (erstmals Rad-los)

P.S. Wer Heidi und Bernds grandiose Weltumrundung weiterverfolgen möchte, kann dies unter www.welt-tour.com tun. Viel Spaß dabei!

2 Kommentare:

  1. Ooohh Mann, wie wir Euren Blog erwarten! Ihr müßt weniger fahren, dafür mehr bloggen :) Dazwischen halten wir es kaum aus - zweimal am Tag schau'n wir nach und jedesmal wird die Spannung größer. Also mit 'nem Netbook könnten wir aushelfen ;-) Die Strähnchen von Deiner Frisur - einsame Spitze. Gib uns mal die Adresse von dem Friseur ;-))

    Verschwitzte Grüße aus dem total überhitzten CLP

    Ilona & Karl-Heinz

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  2. Wow, Euer erstes Zwischenziel ist nun erreicht, aber was ich unglaublicher finde ist, dass Ihr Eure Motorradfreunde immer wieder trefft... wahnsinn...Genießt die erholsame Zeit und lasst es Euch gut gehen!!!

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