Donnerstag, 26. Mai 2011

Raus aus Russland

Haben wir uns am Montag noch gefragt, wie wir die lange Zeit bis zum Start des Kasachstan-Visums ueberbruecken sollen, geht jetzt alles doch sehr schnell. Tatsaechlich machen wir uns nun schon morgen auf dem Weg zur Grenze. Wie das geht? Ganz einfach. Obwohl... einfach ist vielleicht auch das falsche Wort. Wie sich herausgestellt hat, haben Heidi und Bernd sich nicht nur wegen unserer netten Gesellschaft auf den Weg nach Astrakhan gemacht, sondern vor allem weil es hier ein kasachisches Konsulat gibt. Als wir davon hoerten, haben wir die Gelegenheit gleich beim Schopfe gepackt und sind mit ins Taxi gesprungen, um uns im Konsulat zu erkundigen, ob es nicht doch irgendeine Moeglichkeit gibt, unser Visum eine Woche vorzuziehen.

Den Weg zum Konsulat zu finden, war noch eine Sache (um eine Taxilizenz in Astrakhan zu bekommen, scheint eine genaue Kenntnis des hiesigen Strassennetzes keine zwingende Voraussetzung, ebensowenig im Uebrigen wie eine Kenntnis der Verkehrsregeln). Der eigentliche Spass begann, sobald wir Schlagbaum und Wachmaenner des "Diplomatenviertels" hinter uns gelassen hatten (Wer sich noch an das "Haus, das Verrueckte macht" aus Asterix erinnert, mag sich in etwa vorstellen koennen, was nun folgt)... Der junge Mann im Konsulat erklaert uns zunaechst ein Vorziehen des Visums sei nicht moeglich, ebenso wie Heidi und Bernd aber koennten wir ein neues beantragen, das dann innerhalb von zwei Tagen fertig sei. Das sei alles ueberhaupt kein Problem. Mit einem Visumsantrag und der Aufgabe Passfotos und -kopien zu besorgen, komplimentiert er uns hinaus. Um 15 Uhr koennten wir wiederkommen. Wir fahren zurueck ins Hostel, kopieren, fuellen den Antrag aus und fahren am Nachmittag wieder mit dem Taxi zum Konsulat. Dort kriegen wir einen zweiten Antrag, der ebenfalls ausgefuellt werden muss. Um dem ganzen Procedere etwas mehr Wuerze zu geben, gibt es den Antrag a) ausschliesslich auf Russisch bzw. in kyrillischer Schrift und b) nur in einer Ausfuehrung. Wir sollen uns jemanden suchen, der uebersetzt und uns selbst um die fehlenden drei Kopien kuemmern. Und nicht zu vergessen in die Innenstadt zur Bank fahren, um dort das Geld fuer den Antrag einzuzahlen. Das Konsulat hat bis 18 Uhr geoeffnet, am Folgetag ist wegen eines kasachischen Feiertags geschlossen. Damit die ganze Aktion noch Sinn macht, muessen wir uns also sputen.

Hier kommt uns der Zufall bzw. die Security zur Hilfe. Einer der Wachmaenner, der einem russischen Kriegsfilm der 80er-Jahre entsprungen zu sein scheint, bekommt mit, dass wir ein Taxi brauchen. Nach einer kurzen Rueckmeldung im Wachhaeuschen geleitet er uns zu seinem Lada und faehrt uns in die Stadt. Waehrend wir in der Bank das einigermassen zeitaufwaendige Einzahl-Procedere hinter uns bringen und die benoetigten Kopien machen, wartet er und faehrt uns anschliessend - nicht ohne kurze Erlaueterungen zu den architektonischen Hoehepunkten der Stadt - zurueck zum Konsulat. Wir raetseln die halbe Fahrt, was uns dieser Ausflug wohl kosten wird, und die Antwort lautet: nichts. Die Hilfsbereitschaft wildfremder Menschen laesst uns mal wieder staunen.

Staunen sehen wir auch im Blick unseres Ansprechpartners im Konsulat. So schnell hatte man uns wohl nicht zurueckerwartet. Und nachdem dann auch noch der Leiter des Konsulats auftaucht, um uns mit einem "Willkommen Genossen!" zu begruessen und dann in exzellentem Deutsch mit uns zu plaudern, ist ploetzlich alles ganz einfach. Nach nunmehr insgesamt vier Konsulats-Besuchen koennen wir nicht nur den Taxifahrern den Weg erklaeren, wir sind auch im Besitz eine kasachischen Visums, das ab sofort gueltig ist. Offen ist damit nur noch eine Frage: Wie reagieren die kasachischen Grenzer auf einen Pass, der nicht nur ein, sondern gleich zwei Kasachstan-Visa enthaelt. Wir werden euch berichten ;-))

Durch das wilde Hin- und Her zwischen Hostel, City und Konsulat entwickeln wir in kuerzester Zeit ein umfangreiches Know how im Umgang und Handel mit den heimischen Taxifahrern.
Wir kennen nicht seinen Namen, aber seine Mission ist eindeutig: Nothilfe fuer Besucher des kasachischen Konsulats.
Abendliche Runde auf der Hostelveranda: Alexandr (ganz links), zwei seiner Kumpel, Bjoern, Bernd, Heidi und (nicht unmittelbar im Bild) viele viele Muecken.

Bjoern beginnt sich heimisch zu fuehlen und geniesst den Wodka in vollen Zuegen.

Astrakhan: Mal recht aufgeraeumt, ....
... mal weniger.
Fuer heute heisst das: Sachen packen, viel zu essen einkaufen und einen vorerst letzten Abend mit Heidi & Bernd auf unser Hostel-Veranda verbringen. Dann kehren wir dieser Stadt, die zu 50% aus heisser Luft und Muecken besteht, den Ruecken. Aus Kasachstan wollen wir uns natuerlich so oft es geht melden, aber noch ist kaum absehbar, wie oft wir dort ins Internet kommen werden. Aber wir geben uns groesste Muehe - versprochen!

Zerstochene und zerfliessende Gruesse schicken euch

Tina und Bjoern

7 Kommentare:

  1. ...und gleich gehts weiter mit dem Vodka, oder nicht?

    Prost!

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  2. sehr schön... der Wodka in Russland lässt sich auch ganz anders trinken als hier. Er schmeckt nicht nur ganz lecker, sondern er wird dort auch getrunken wie Wasser und man bekommt keinen Kopf...herrlich... Aber in Kasachstan gibts bestimmt auch mundende, flüssige Köstlich- keiten. Gute Einreise aus Ehrenfeld von den Fös!

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  3. Das ging ja fix! Wir hätten nicht gedacht, dass es vor nächster Woche weitergeht. Jetzt sind wir um so mehr gespannt ;-) Schön dass Ihr Hilfe von den Eingeborenen bekommen habt - uns dass Ihr ganz nett mit ihnen gefeiert habt :*) Dann mal los und bei den Kasachen nachschauen, ob noch alle da sind ;-)

    Gruß aus dem total zugestaubten Münsterland
    Ilona & K-H.

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  4. Na wenn Ihr diese Nachricht lesen werdet seid Ihr sicherlich schon ein paar Kilometer weiter. Aber nachdem ich diese Bilder sah, mit der Fl. Wodka Hoch lebe, hatte Björn doch sicherlich eine Alkoholverdunstungsfahrradfahrt nötig, hoffentlich war die nicht schwer
    Alles Liebe und weiterhin TOI TOI

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  5. Es ist soooooo schön, so regelmäßig von Euch zu lesen. Ich drücke die Daumen, dass das auch in Kasachstan so weiter geht.
    Meine geplante Tour habe ich übrigens auf nächsten Sommer verschoben - dann aller Voraussicht nach in Begleitung der "Pilgerin":)
    Jedenfalls bin ich beruhigt, wenn ich sehe/lese, wie Ihr allen potentiellen Krankheitserregern mit Wodka den Garaus macht! Gut so! ;)
    Alles Liebe aus Köln

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  6. Na, da scheint ihr mal wieder lange ohne Internet unterwegs zu sein... Ich hoffe, es geht euch gut und ihr trefft weiterhin auf so wunderbare Leute! Sehr, sehr abenteuerlich, aber sicher auch sehr sehr typisch, was ihr da behördenmäßig mitgemacht habt! Sehe ich das richtig, dass ihr noch nicht einmal irgendwo Kohle unter der Hand rüberschieben musstet? Auf jeden Fall wünsche ich euch, dass ihr zu deinem GEburstag,Martina, irgendwo sein werdet, wo ihr auch schön feiern könnt! Ich selbst bin dann ab Samstag für eine Woche in Kroatien, völlig unspektakulär ;-) Drücke weiterhin die Daumen und freue mich auf die nächsten Einträge! LG Kathrin

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  7. Hossa Genossen! Herrlich, Eure Erlebnisse!
    Gleichzeitig bin ich jedoch froh, dass ich statt mit dem Rad durch Russland per Pedes durch Spanien starte. Der Weg startet am 20.06..
    Am 11.07. sind wir zurück. @Kölsche Mädels: wie wäre es mit einem Mädelsabend in Kölle?
    LG und weiterhin frohe Fahrt!
    P.S. Ich radle morgen durch die Lüneburger Heide - immerhin auch 60km :)

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