Mittwoch, 27. Juli 2011

Jalalabad (KG)

Aufregend, anstrengend, atemberaubend.... die Strecke von Bishkek in den Sueden Kirgistans hat in jeder Hinsicht noch etwas mehr geboten, als wir es uns vorgestellt haben. Nach vielen Hoehenmetern und noch mehr vergossenem Schweiss goennen wir uns heute einen fahrradfreien Tag in Jalalabad, bevor es morgen weiter nach Osh geht. Von dort aus nehmen wir dann das Projekt chinesische Grenze in Angriff.

Anstelle von viel Text gibt es heute einmal eine kleine Bildergeschichte, um euch zu erzaehlen, was wir so erlebt haben, in den vergangenen 6 Tagen...
 
Los gehts mit einem Anstieg, der sich durch unzaehlige Serpentinen auf 3.180m schlaengelt.
 
Und immer wenn wir gerade denken, wir haben es endlich geschafft, erwarten uns hinter einer der vielen Kurven ... noch mehr Kurven.
 
Aber Hoehenmeter haben gluecklicherweise die Eigenschaft, dass sich die Plackerei (im Gegensatz zum gegen-den-Wind-fahren) lohnt.
  
Schoen ist's hier oben....
 
Oben angekommen erwartet uns ein Tunnel, der nicht nur aufgrund seiner Laenge von rd. 2,5 km, sondern vor allem aufgrund der abgasbedingten durchschnittlichen Sichtweite von 5 Metern absolut fahrrad-ungeeignet ist. Schnell finden wir eine Mitfahrgelegenheit und staunen ueber den definitiv mit grossem Abstand dreckigsten Tunnel, der uns je untergekommen ist (so dreckig, dass die Autofahrer nach glueckliche ueberstandener Durchfahrt, erst einmal ihre Scheiben putzen muessen
 
Auf dem Weg nach unten treffen wir auf eine Jurte, die als Gastiniza ausgezeichnet ist und beschliessen spontan, auf's Zelten zu verzichten.

So neugierig, wie wir den ganzen Abend von den Kindern beobachtet werden, haben diese Entscheidung offensichtlich noch nicht allzuviele Touristen vor uns getroffen (eine moegliche Erklaerung hierfuer koennte die vollstaendige Abwesenheit jedweder sanitaerer Einrichtungen sein). 
  
Das von uns bestellte Abendessen bekommen wir - nachdem wir mehr oder weniger hungrig ins Bett gehen - am naechsten Morgen als Fruehstueck. Ob das einem Kommunikations- oder doch eher einem Organisationsproblem geschuldet ist, bleibt uns verborgen.

Satt und Bratkartoffel-gestaerkt starten wir unseren Weg durch eine wunderschoene Hochebene, auf der immer wieder Jurten unseren Weg kreuzen. Vor nahezu jeder Jurte befindet sich ein kleiner Kamis-Stand. Um in diesen Mengen die beliebte vergorene Stutenmilch zu produzieren, braucht es natuerlich in erster Linie Pferde. Diese aber bringen notwendigerweise auch wieder die Anwesenheit von Hirtenhunden mit sich.... Und so ereignet sich nach all den Laendern, in denen wir den Hunden erfolgreich getrotzt haben, hier - im idyllischen kirgisischen Weideland - der erste echte Angriff. Ein mehr als kniehohes, sehr wuetendes und zaehnefletschendes Tier verfolgt mich. Meine Bitte, den Hund zurueckzurufen, wird von der anwesenden Jurten-Besitzerin konsequent ignoriert. Ein Biss spaeter hat meine hintere Satteltasche, die schon unzaehlige Kilometer und diverse Transporte unbeschadet ueberstanden hat, ihr erstes Loch. 

Glueck im Unglueck I: Nur ein Loch in der Tasche statt in der Wade.
Um uns gegen weitere Angriffe zu wappnen, kramt Bjoern in aller Eile sein Pfefferspray aus der Tasche. Derart geschuetzt machen wir uns auf dem Weg zum zweiten Pass auf 3.300m. Oben angekommen wird es doch ein wenig frisch und wir beschliessen, uns umzuziehen. Dabei entdeckt Bjoern, dass sein Portemonnaie weg ist. Rund 150 Euro in Landeswaehrung, unsere Personalausweise und vor allem praktisch alle unsere Kreditkarten... alles weg? Nach dem ersten Schock keimt die Hoffnung in uns auf, dass das Portemonnaie beim hastigen Kramen nach der Hundeattacke einfach aus der Tasche gefallen ist. Bjoern schwingt sich aufs Rad, das wir schnell um das Gepaeck erleichtert und so auf Portemonnaie-Rettungs-Geschwindigkeit trimmen, und rast den Berg hinunter. Nach einer Stunde bangen Wartens kommt er mit rotem Gesicht aber mit trimumphiernder Geste den Berg hochgeaechzt.

Glueck im Unglueck II: Das Portemonnaie lag unversehrt und ungeoeffnet am Strassenrand.


Pass-Begegnungen...


Auf unserem Weg nach unten treffen wir Vincent, einen Radfahrer aus Holland, mit dem wir die weitere Strecke nach Jalalabad gemeinsam zuruecklegen.
Die naechsten Tage geht es - nunmehr zu dritt - immer wieder rauf und runter. Bei Temperaturen um die 35 Grad fliesst der Schweiss in Stroemen. Aber nicht nur die unglaubliche Landschaft macht alle Anstrengungen wieder wett. Auch die liebenswuerdigen Kirgisen, die uns vom Strassenrand aus zuwinken oder aus dem Auto gruessen, lassen uns die hoehenmeter-bedingten Herz-Kreislauf-Attacken vergessen. Als wir einen weiteren Pass erklommen haben, uebbereicht uns oben ein LKW-Fahrer ein Geschenk, das angesichts der hiesigen Witterung nicht willkommener sein koennte: eine riesige, saftige Wassermelone der 15kg-Kategorie. An Runtertragen ist nicht zu denken, also verspeisen wir das gute Stueck gleich an Ort und Stelle (oder wie Bjoern es formuliert hat: "Die Radfahrer haben Beute gemacht, sie hinter die Leitplanke geschleppt und sind direkt darueber hergefallen.").


Bjoern mit der Beute: Nie hat uns eine Melone besser geschmeckt.
 
Die Strasse, die sich hier leicht oberhalb des Flusses langschlaengelt, bestaetigt mal wieder unsere Erfahrung, das die wirkliche schoenen Strecken immer mit einem Hoechstmass an "Beinarbeit" einhergehen.
 
Umso schoener sind die Pausen: Ob Fruehstueck am Hang....

oder Laghman im typisch kirgisischen Strassen-Cafe.

Letztere Option nehmen wir schon deshalb gern wahr, um uns zumindest ein paar Minuten Schatten zu goennen, der rar ist dieser Tage.

     
Gruppenfoto mit kirgisischem Extra: Vincent, Bjoern, ich und ein Mann, der einfach gerne mit aufs Foto wollte.
So, nun wird es Zeit fuer das zweite Fruehstueck ;-)

Liebe Gruesse!

Tina und Bjoern

7 Kommentare:

  1. Was für schöne Bilder! Lasst Euch aber von Eurer holländischen Begleitung keine Kräuter in Rauchwaren andrehen ;)
    Es grüßt Euch aus dem endlich wieder sonnig warmen Hamburg Eure Mareike, die geträumt hat, dass Ihr nach Eurer Rückkehr in HH ansässig werdet...

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  2. Hallo Tina, hallo Björn,

    mein Name ist Artur und ich bin ein Arbeitskollege von (Tina) deinem quasi Schwager Christian R.-P. in Hamburg. Er hat mir von Eurer Reise erzählt und mir den Link zum Blog geschickt.
    Ich habe den Blog mit Freude gelesen und werde ihn weiter verfolgen. Für Eure weitere Reise wünsch ich Euch weiterhin viel Erfolg und muss zugeben das ich total neidisch auf Euch und Eure Erlebnisse bin:-)

    Beste Grüße aus Hamburg in die weite, wilde Welt!

    Artur

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  3. Hllöchen,

    Ihr seid die Geilsten! Rest per Email.

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  4. Also der Blick die Berge runter ist ja echt atemberaubend, aber hochraddeln wollte ich trotzdem nicht ;-)
    Alles Gute weiterhin für euch!

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  5. Herriejeh, das sind ja Bilder und Geschichten - das mußten wir erst mal einen Tag setzen lassen.
    Die Bilder wieder suuuper, denn wie eine alte chinesische Bauernregel sagt: ein Bild sagt mehl als tausend Wolte ;-)) Bekommt Ihr auch genug zu Essen?? Auf den Bildern seht Ihr ganz schön abgemagert aus. Die warme Stutenmilch muß man immer mit 'nem Stich Butter trinken ;-)) Tja und die Geschichte mit dem Geldbeutel alias Portemonnaie - da hat Euch doch bestimmt Opa die Tricks aus der Gefangenschaft verraten - das trägt man immer Körper!! Wir hoffen dass Ihr ohne weiter Zwischenfälle, dafür aber mit schönen Bildern in Osh landet :)

    Grüße von Ilona & Karl-Heinz

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  6. Eure Bilder werden ja immer schöner. Es macht immer riesig Freude sie zu sehen. Aber Mareike Kommentar will ich gar nicht gelesen habendie Hormone machens möglich(die Hormone machens möglich und das könnte ich nicht vertragen), kommt schön zurück nach Kölle, auch wenns zu foß ist ;-))

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  7. Hope that you made it to China!! Really enjoyed cycling with you :)... might and hope to see you again somewhere!!

    Kind regards from Khojand, will go to Dushanbe tomorrow :).

    Your fellow cyclist from Holland,

    Vincent

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